Knut-Martin Stünkel

Tod und Unsterblichkeit im altenglischen Setting: Leben und Nachleben in Tolkiens Rohan

Neben idealen Orten der Unsterblichkeit wie die zunehmend entrückten 'unsterblichen Lande' gibt es im Werk J.R.R. Tolkiens auch Bereiche konkreter bzw. objektiver Unsterblichkeit. Diese bestimmten Bereiche bzw. Weisen diesseitiger Unsterblichkeit finden sich vor allem in chronologisch später auftauchenden Kulturen, wie zum Beispiel den Hobbits, aber auch bei bestimmten Gruppen von Menschen.

Unter diesen Gruppen ist das Volk von Rohan im Lord of the Rings am prominentesten und ausführlichsten dargestellt. Für diese Darstellung greift Tolkien auf sein Spezialgebiet als Wissenschaftler zurück. Seine akademische Tätigkeit als Philologe ist am deutlichsten in seiner Beschreibung der Sprache und Kultur Rohans manifestiert. Tolkien zeichnet hier das Bild einer Kultur mit konkreten Vorstellungen von Leben, Tod und Unsterblichkeit, die ihre Wurzeln in der angelsächsischen Kultur mit ihren spezifischen Voraussetzungen und Herausforderungen haben. In diesem Kulturkreis existieren Orte der Unsterblichkeit, die aus dem Kontakt verschiedener religiöser Traditionen entstehen und literarischen Texten (zum Beispiel Beowulf, The Battle of Maldon, The Dream of the Rood) oder in materiellen Objekten (bspw. Alfred’s Jewel, Sutton Hoo) beschrieben bzw. dargestellt sind. Am deutlichsten werden die diesbezüglichen Vorstellungen seines Volkes in den Taten und Äußerungen seines Königs Théoden, der selbst eine bestimmte Art von Wiedergeburt erlebt.

Vorstellungen und Konzepte von Unsterblichkeit sind nicht nur in religiöser Perspektive relevant. Im Vortrag sollen Unsterblichkeitsvorstellungen in Rohan und bei seinem König und ihre literarische Darstellung unter verschiedenen Blickwinkeln untersucht (philologisch, philosophisch, religionswissenschaftlich, ethnologisch) und auf den Autor und Wissenschaftler Tolkien zurückbezogen werden. Insbesondere werde ich dabei auf das Konzept der objektiven Unsterblichkeit des Philosophen Alfred North Whitehead zurückgreifen.

 

Knut-Martin Stünkel absolvierte ein Studium der Philosophie, Geschichte, Literaturwissenschaft in Bielefeld. Er promovierte mit einer Arbeit über Martin Heidegger und arbeitet derzeit als Privatdozent für allgemeine Literaturwissenschaft und Religionsphilosophie im Centrum für religionswissenschaftliche Studien (CERES) und der Fakultät für Philologie an der Ruhr-Universität Bochum sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Teilprojekt C03 'Metaphern des Alltäglichen' im SFB 1475 'Metaphern der Religion'.

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