Pia Nöfer
"Von allen Seelen die mir begegnet sind, war seine die menschlichste": Spock, vulkanische Seelenwanderung und der Kreislauf des Lebens
Der zweite und dritte Kinofilm der klassischen Star-Trek-Reihe sind nicht nur über die Figur des Spock mit der Frage nach Tod und Unsterblichkeit verknüpft, sondern auch das Terraforming-Projekt Genesis wirft eine Menge Fragen auf. So steht dieses eigentlich doch wissenschaftliche Projekt während des zweiten Films dauerhaft wie eine drohende Waffe über der Szenerie, da mehrfach betont wurde, dass ein Einsatz an Orten, wo bereits Leben existiere, dieses restlos zugunsten des Neuen auslöschen würde – Genesis ist also keineswegs, wie die Projektleiterin Hannah Markus sich ausdrückt, nur „Leben aus der Leblosigkeit“, sondern birgt auch das Potential zur Leblosigkeit des zuvor Belebten. Auf diese Art verweist das Genesis-Projekt auf den alten Topos des Kreislaufs des Lebens. Wie akut die Bedrohung der Zerstörung tatsächlich war, zeigte sich im Finale des zweiten Films, als Mr. Spock sein eigenes Leben opfert, um den Antrieb der Enterprise zu reparieren, damit diese rechtzeitig außer Reichweite des Genesis-Projektils fliegen kann.
Doch für die Figur Spock hatte diese Entscheidung weitreichende Folgen. Und überhaupt: Wie sollte Captain Kirk künftig ohne seinen ersten Offizier auskommen, der doch mit den Jahren fast zum eigentlichen Hauptstar der Serien und Filme geworden war? Diese Frage stellten sich nicht nur die Fans, sodass die Produktionsfirma Paramount Pictures Spock-Darsteller Leonard Nimoy bereits für den darauffolgenden Film The Search for Spock überredete, zurückzukehren. Die Handlung dieses Films drehte sich daraufhin darum, wie Kirk und der Rest seiner Crew versuchen, die in Schiffsarzt McCoy gefangene Seele Spocks mit seinem auf dem Genesis-Planeten wiederhergestellten Körper wieder zu vereinen, und so letztlich der Figur Spock ein Weiterleben auf der großen Leinwand zu ermöglichen. Möglich wird diese Wiedervereinigung nur, weil Spock den unsterblichen Teil seiner Selbst zuvor mithilfe vulkanischer Gedankenübertragung auf McCoy übertragen hat, und die vulkanische Philosophie mit Ritualen zur Wiedervereinigung von Körper und Seele vertraut ist – Seelenwanderung ist den Vulkaniern also vertraut, wenn sie auch als selten beschrieben wird.
Mein Vortrag will in den Blick nehmen, wie die Regisseure Meyer und Nimoy Katra und Fal-tor-Pan - die vulkanischen Begriffe für Seele und Seelenwanderung - als Maßnahmen zur Lebensverlängerung oder Unsterblichkeit beschreiben bzw. zeigen. Dabei soll die vulkanische Vorstellung von Seelenwanderung in Bezug gesetzt werden zu den Konzepten der antiken griechischen Philosophie, um sie so besser einordnen und abgrenzen zu können. Anschließend soll in den Blick genommen werden, wie sich die Figur Spock durch diesen tiefen Eingriff in ihren Charakter verändert. Abschließend soll wegen des Bezuges zum Genesis-Projekt die Frage nach weiteren philosophischen oder religiösen Dimensionen dieses Handlungsbogens gestellt werden.
Pia Nöfer ist derzeit Master-Studentin der Deutschen Literatur an der Humbold-Universität zu Berlin und besitzt einen B.A. in Deutscher Literatur/Geschichtewissenschaften, ebenfalls von der Humbold-Universität mit einer Arbeit zu Mittelalterliche Minnetopoi in modernen deutschsprachigen Liebesliedern am Beispiel von Farin Urlaub und Herbert Grönemeyer. Sie ist zudem als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl Kinder- und Jugendliteratur und -medien tätig.